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Systematisches Vorgehen macht den Unterschied


Ein Fahrradständer ist besser als kein Fahrradständer. Eine Einzelmaßnahme ist aber noch kein Mobilitätsmanagement für Kinder und Jugendliche. Vernetzung und Zusammenarbeit der Akteur*innen bilden einen wesentlichen Faktor für ein wirksames Mobilitätsmanagement. Nur durch aktive Mitwirkung der Beteiligten kann Mobilitätsmanagement für Kinder und Jugendliche in seiner Gesamtheit funktionieren.

Die Bündelung der Einzelmaßnahmen zu einem Gesamtkonzept und die Vernetzung der Akteur*innen zur Förderung der eigenständigen und nachhaltigen Mobilität von Kindern und Jugendlichen erfordert eine klare verwaltungsinterne Regelung der Zuständigkeiten, der Ablauforganisation sowie der finan­ziellen und personellen Ressourcen. Zielführend ist die Einordnung in das kommunale Mobilitätsmanagement. Dieser Gesamtrahmen erleichtert die Koordination ver­schiedener Maßnahmen untereinander und verbessert die Wahrnehmung in politischen Entscheidungsprozessen.

Das bedeutet für die Verwaltungsarbeit konkret: Erforderlich ist ein fachbereichsübergreifender Abstimmungs- und Entschei­dungsprozess, in den Maßnahmen aus den Bereichen der Verkehrsplanung, des Bau- und Planungsrechts, der Informations- und Kommunikationstechnologie, der Öffentlichkeitsarbeit, der Schulverwaltung und des Schulamtes zu einer Gesamtstrategie zur Förderung der eigenständigen und nachhaltigen Mobilität für Kinder und Jugendliche zusammengeführt und realisiert werden. Für die erfolgreiche Umsetzung braucht es eine zentrale Gesamtkoordination in der Kommunalverwaltung, die Prozesse anstößt, zwischen den verschiedenen Fachbereichen vermittelt und bei gemeinsamen Projekten die Teilschritte abstimmt. Als Teil des kommunalen Mobilitätsmanagements ist es empfehlenswert, dies bei den kommunalen Mobilitätsmanager*innen anzusiedeln.

Der strukturelle Ansatz erfordert eine klare verwaltungsinterne Regelung der Zuständigkeiten, der Ablauforganisation sowie der finan­ziellen und personellen Ressourcen. Nach den bisherigen Erfahrungen ist es zielführend, wenn der strukturelle Ansatz des Mobilitätsmanagements frühzeitig in der Verwaltung institutionalisiert wird. Der Aufbau einer eigenen Organisationsstruktur schafft und verstetigt neue Strukturen innerhalb der Verwaltung, die als Grundlage für eine nachhaltige Mobilitätsentwick­lung dienen. Diese strukturelle Vorarbeit geht den ersten konkreten Projekten und Themen voraus. Sie durchläuft die drei Phasen von Veränderungsprozessen nach Kurt Lewin (Auftauen, Ausrichten und Verstetigen). Zu Beginn wird der Status quo aufgelockert. Alle Beteiligten müssen über den Veränderungsprozess informiert und für die Notwendigkeit sensibilisiert werden. Sie brauchen genügend Zeit, um sich auf die Veränderung vorzubereiten und die Chance sich am Diskurs zu beteiligen. Nachdem eine ausreichende Veränderungsbereitschaft aufgebaut ist, startet die zweite Phase der Neuausrichtung. In dieser Phase werden neue Abläufe umgesetzt und Probleme gelöst. Damit die Veränderungen nicht nach kurzer Zeit wieder rückläufig werden, müssen sie in der dritten Phase verstetigt werden. Der erreichte Status quo ist jedoch kein andauernder Zustand – er wird zu einer fortlaufenden Fortsetzung des Veränderungsprozesses (vgl. Werther 2014).

Sind die Grundlagen geschaffen, lassen sich die genannten Ziele nur mit einem umfassenden, systematischen und gezielten Herangehen erreichen:

  • In einem gemeinsam mit Politik, Verwaltung und Schulen abgestimmten Vorgehen, werden klare und überprüfbare Ziele formuliert. Diese nehmen auch Aspekte, die über die Verkehrssicherheit hinaus gehen wie z.B. die Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch Umgestaltung von Straßen und Plätzen, Angebote im Bereich Mobilitätsbildung etc., in den Blick. So lassen sich alle relevanten Akteur*innen überzeugen.
  • Das Mobilitätsmanagement für Kinder und Jugendliche wird nicht als kurzfristiges Projekt, sondern als langfristiger Prozess angelegt. Insbesondere die Ziele der Mobilitätsbildung lassen sich erst durch Kontinuität und Wiederholung erreichen. Ziel ist es die Belange von Kindern und Jugendlichen dauerhaft in alle relevanten Planungs- und Beteiligungsprozesse einer Kommune zu etablieren.
  • Das Mobilitätsmanagement für Kinder und Jugendlichen ist als Handlungsfeld des Kommunalen Mobilitätsmanagements zu verankern.
  • In den kommunalen Mobilitätskonzepten (z.B. SUMP) sind die Mobilitätsbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen.
  • Der Planungsablauf beim schulischen Mobilitätsmanagement weist viele Analogien zum generellen Ablauf von Verkehrsplanungen (FGSV 2018) auf. Die Erstellung des Mobilitätsmanagement-Konzepts einer Schule kann daher auch verstanden werden als Prozess einer Verkehrsentwicklungsplanung, der auf eine Schule bzw. einen Kindergarten zugeschnitten ist.
  • Eine Vernetzung mit weiteren Akteur*innen auf lokaler Ebene, aber auch über die eigene Kommune hinaus ermöglicht es Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Besonders gut gelingt dies, wenn die Vernetzung auf kommunaler oder überkommunaler Ebene von einem Ländernetzwerk koordiniert wird.
  • Mit einer Kommunikationsstrategie (Stakeholdermanagement und einer zielgruppengerechten Kommunikation) lassen sich Schüler*innen und Eltern, aber z.B. auch Politik und Verwaltung in der Kommune für die angestrebten Veränderungen gewinnen.
  • Die Kinder und Jugendlichen, um deren Mobilitätsverhalten es schließlich geht, werden von vornherein beteiligt. Sie werden in die Planung und Ausgestaltung der Maßnahmen eingebunden und bringen ihre Bedürfnisse und Erfahrungen in den Prozess ein.

 

Koordination von Akteur*innen

Bei der Umsetzung von Mobilitätsmanagement für Kinder und Jugendliche müssen viele unterschiedliche Akteur*innen miteinbezogen und koordiniert werden. Grob lassen sich diese in drei Kategorien einteilen: Verwaltung und Planung, Verkehrssicherheit und Verbände sowie Schulen und Kitas. Die Koordination zwischen den Akteur*innen ist anspruchsvoll, insbesondere bei unterschiedlichen Bedarfen und Forderungen der Beteiligten. Für ein erfolgreiches Mobilitätsmanagement müssen von einer zentralen Stelle u.a. folgende Aufgaben wahrgenommen werden:

  • Vernetzung der Akteur*innen
  • Organisation von Terminen
  • Vermittlung zwischen den Akteur*innen, Streitschlichtung
  • Aufgabenverteilung
  • Monitoring
  • Evaluation

 

Deswegen sind zur Umsetzung von Mobilitätsmanagement zentrale koordinierende Stellen notwendig, die insbesondere in Kommunalverwaltungen vorhanden sind oder dort eingerichtet werden können.

Zu beachten gilt außerdem, dass die Zuständigkeiten von Kommune zu Kommune unterschiedlich angesiedelt sind, weswegen es auch keine festgeschriebene Aufgabenverteilung gibt. Grob lassen sich die Rollen wie folgt verteilen: die Verwaltungen sind für die infrastrukturellen Rahmenbedingungen verantwortlich und die Kommunikation nach außen z.B. mit Bürger*innen und Anwohner*innen, die unterschiedlichen Verbände und die Polizei übernehmen Bereiche wie der Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung. Die Schulen und Kitas übernehmen einen Großteil der Kommunikation mit Eltern, Kindern und Jugendlichen. Sie sind zudem für die Etablierung und Verstetigung von Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung in den Schul- bzw. Kitaalltag zuständig. Eltern sind sowohl Zielgruppe des Mobilitätsmanagements als auch ein wichtiger Teil bei der Umsetzung. Ihr Mobilitätsverhalten ist prägend für ihre Kinder und hat somit großen Einfluss auf das Gelingen des Veränderungsprozesses. In diesem Prozess sollten Kinder und Jugendliche nicht nur als Zielgruppe betrachtet werden, sondern als ein aktiver Part mit Gestaltungsmöglichkeiten bei der Umsetzung des Mobilitätskonzepts.

Einstieg ins Mobilitätsmanagement

Im Sinne eines „Managements“ wird systematisch vorgegangen: Wie bei jedem Mobilitätsmanagement steht am Anfang eine Analyse der Ausgangslage. Auf dieser Basis werden Handlungsfelder und Maßnahmen individuell für den Standort und die Zielgruppe(n) ausgewählt und ausgestaltet. Die umgesetzten Maßnahmen werden schließlich evaluiert und bei Bedarf angepasst.

Konkret kann das folgendermaßen aussehen:

Anlass
Die Einführung von neuen Prozessen kann schwierig sein. Es fehlen notwendige Strukturen, der Entschluss zur Umsetzung, die Priorisierung und ein erster Schritt. Ein aktueller Anlass, beispielsweise ein Unfall, eine dauerhaft chaotische Verkehrssituation zu Unterrichtsbeginn oder auch ein kommunales Mobilitätskonzept, können ein Türöffner sein und den Handlungsbedarf verdeutlichen.

Zieldefinition
Am Anfang eines Mobilitätsmanagements für Kinder und Jugendliche steht eine klare Zielformulierung – welche Situation soll sich verbessern, was ist die Motivation und welche Ziele sollen erreicht werden? Für eine Kommune oder Schule kann es auch hilfreich sein dafür ein eigenes Narrativ zu entwickeln. Die Kernfrage sollte lauten „Warum wollen wir Situation verändern?“.

Analyse
Die Grundlagen für Planung und Umsetzung werden durch die Analyse des Ist-Zustands geschaffen – wie sieht die Situation vor Ort aus, gibt es besondere Probleme oder Gefahrenstellen, welches ÖPNV-Angebot gibt es, wie sehen die Schulwege aus? Wurden vielleicht schon Maßnahmen umgesetzt?

Planung
Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Analyse werden in einem standort- und zielgruppenspezifischem Mobilitätskonzept abgebildet. Hierbei werden die Handlungsfelder definiert und Maßnahmen entwickelt. In dieser Phase muss die Rollenverteilung geklärt und ein Zeitplan definiert werden.

Umsetzung
Für die Durchführung und Verstetigung von Maßnahmen ist es wichtig, möglichst früh in die Umsetzung zu gehen. Erste Erfolge steigern die Motivation, am Ball zu bleiben. Außerdem kann somit die Umsetzung erprobt und ggf. nachgesteuert werden.

Wirkungsanalyse
Wurden gesetzte Ziele erreicht? Aus welchen Gründen waren sie nicht erfolgreich? Waren Maßnahmen nur für einen bestimmten Zeitraum wirkungsvoll und wie können sie verstetigt werden? Es können sowohl qualitative als auch quantitative Ziele analysiert werden. Die Parameter und Zeitrahmen der Wirkungsanalyse sollten bereits am Anfang bei der Zieldefinition bestimmt werden.

Kommunikation
Für die erfolgreiche Umsetzung eines Mobilitätsmanagements für Kinder und Jugendliche ist es entscheidend, dass alle Akteur*innen regelmäßig über die aktuelle Lage informiert werden. Das Ziel und der Prozess muss mittels eines positiven Narrativs durchgehend in alle Richtungen kommuniziert werden. Alle Beteiligten sollen sich beachtet und mitgenommen fühlen.

Mobilitätsmanagement ist nicht nur aufgrund der dynamischen Verkehrssituation und der sich verändernden Mobilitätsangebots und des Mobilitätsverhaltens ein Prozess, sondern auch infolge der hohen Fluktuation in Schulen und Kitas. Deswegen ist es notwendig, Konzepte regelmäßig zu überarbeiten und an die Umstände anzupassen. Entsprechend einer neuen Ausgangslage kann sich auch eine angepasste Zieldefinition ergeben. Das Mobilitätsmanagement erfolgt dementsprechend als fortwährender Kreislauf. Zur Verstetigung sind klare Zuständigkeiten und Ansprechpersonen sinnvoll.